Archäologische Funde beim Erdgasleitungsbau 2000 |
Immer wieder weisen
Archäologen, die tagtäglich mit der Bedrohung oder gar Zerstörung von
Bodendenkmälern konfrontiert sind, auf die dringende Notwendigkeit
hin, größere Bauvorhaben wie Neubaugebiete, Straßen aber auch Leitungstrassen
bodendenkmalpflegerisch zu begleiten und im günstigsten Fall im
Vorfeld von Bauarbeiten archäologische Arbeiten durchzuführen. |
Fürth - Fundplatz 1 |
Bei Fundplatz 1 von Fürth, unmittelbar an der L 289 gelegen, handelt es sich um eine römische Siedlung. Die Örtlichkeit wurde im Zuge der sogenannten baubegleitenden Untersuchungen aufgedeckt, die auf jenen Streckenabschnitten stattfinden, für die keine archäologischen Befunde in den Akten des Staatlichen Konservatoramtes verzeichnet sind. Um so erfreulicher ist, wenn gerade während der Baubegleitung Neues zutage gebracht wird - nicht zuletzt ein Beleg für die akribische Arbeit der Archäologen vor Ort. |
An dem Fundplatz war ein erheblicher Maschineneinsatz von Nöten: Durch den "Ruhrgas-Bagger" (Firma Bohlen & Doyen) geschah der Mutterbodenabtrag, dann wurde die Fläche minutiös vom Bagger der Firma Kroisos freigelegt und zuletzt noch ein Brunnen mithilfe eines zusätzlichen Baggers aus- gehoben. Die Vorarbeiten leitete Dr. Henz, die eigentliche Ausgrabung Frau Emser, M.A., beide Archäologen bei der Kroisos GmbH. |
|
Blick von Fundplatz 2 auf den im Tal gelegenen Fundplatz 1. Der Pfeil markiert die Stelle, wo die Abfallgruben und der Brunnen freigelegt wurden. |
|
|
Insgesamt konnten zehn Fundstellen untersucht
werden. Bei den ersten sechs handelt es sich um Abfallgruben unterschiedlicher
Form und Größe. Der schwärzlich-humose Grubeninhalt wies kleinste
Keramikfragmente und sehr weiche Holzkohlestücke auf. Lediglich
eine Grube beinhaltete Schlackenreste, Beleg dafür, dass es sich
tatsächlich hier um Abfallgruben handelt.
|
Südlich der Abfallgruben
stießen die Ausgräber auf Fundstelle 7, einen Brunnen mit Sandsteinfassung. Er
war abgedeckt mit dem ornamental verzierten Fragment eines Sandsteinfrieses,
einem höchst bemerkenswerten und sicherlich museumswürdigen Objekt. Sandsteinfries
über der Brunneneinfassung |
|
Der Brunnenschacht selbst wurde bis zu einer Tiefe von 4,20 m unter der rezenten Oberfläche, das heißt bis auf ein Niveau von -5,20 m unter Grabungsnull untersucht. Dann mussten die Arbeiten aus Sicherheitsgründen gestoppt und der Schacht sowie die umgebende Grube verfüllt werden. |
|
|
|
|
Brunnenprofil |
|
Auch wenn die Brunneneinfüllung
bis zum ergrabenen Niveau leider kein Fundmaterial erbrachte, war
der Aufwand keinesfalls umsonst: Der Archäologe liest vieles aus
den Befunden! Und so bleibt künftigen Wissenschaftler - Generationen
die Chance in 100 oder 200 Jahren vielleicht das Geheimnis dieser
Brunnensohle zu lüften. |
Zuletzt stießen die Archäologen von Koisos noch auf zwei weitere Abfallgruben (Fundstellen 9 und 10), die eine kompakte Ziegelpackung, mehrere durchweg stark korrodierte Eisengegenstände in schwarzer Brandschicht, zahlreiche Nägel und antik gebrochene Keramikfragmente beinhalteten. Abfallgrube mit
zahlreichen Ziegelfragmenten und Eisengegenständen |
|
Highlight des Fundplatzes
1 von Fürth ist zweifellos - trotz seiner Fundleere - der Brunnen
mit seiner Abdeckung. Das außergewöhnlich verzierte Sandsteinfragment
vom 1,0 x 0,80 m Größe wurde bereits in die staatliche Altertümersammlung
des Saarlandes verbracht. |
Fürth - Fundplatz 2 |
Die Geschichte von Fundplatz 2, nur 250 m entfernt von Fundplatz 1 gelegen, beginnt mit einem Skandal: Als nach den ersten Freilegungsarbeiten auf der Fläche durch Herrn Henz die Grabungsarbeiten an das Team von Frau Emser übergeben worden waren, wurde die Örtlichkeit in der Nacht vom 03. auf den 04. Februar geplündert. Unbekannte hatten zwei wichtige Befunde dieses hochinteressanten römischen Gräberfeldes entwendet, noch bevor sie von den Spezialisten freipräpariert werden konnten: eine Urne sowie eine kleine Steinkiste in Hausform mit zentraler rechteckiger Eintiefung zur Aufbewahrung des Leichenbrandes. Gerade letztere stellt einen besonders empfindlichen Verlust dar. Es wurden Herr Dr. Reinhard vom Staatlichen Konservatoramt und die Kripo Ottweiler eingeschaltet. |
|
Innerhalb der Grabungsgrenzen
von Fundplatz 2 konnten sieben Fundstellen untersucht werden. Dabei
wurden fünf Gräber ganz unterschiedlicher Grabsitte wowie zwei Gruben,
die möglicherweise im Zusammenhang mit dem Grabbrauch zu interpretieren
sind, festgestellt. |
Auch bei dem nächsten Grab wurde der Leichenbrand in einen Stein mit zentraler Eintiefung eingebracht. Doch handelt es sich bei diesem um einen an den äußeren Kanten nur grob behauenen, rundlichen Stein ohne weitere Grabbeigaben. |
Dieses Grab wurde durch eine spätere Bestattung gestört, ein Grab, dessen Leichenbrand in einer antik beschädigten Urne mit Horizontalrand aufbewahrt wurde. Die Grabgrubeneinfüllung enthielt zahlreiche sekundär verbrannte, antik gebrochene Gefäßfragmente. Diese dürften im Zusammenhang mit dem Totenzeremoniell zu interpretieren sein. Beigegebene Gefäße oder solche, die beim Totenmahl verwendet wurden, scheinen mit dem Leichnam auf dem Scheiterhaufen gelegen zu haben. Nach der Einäscherung wartete man ab, bis die Reste der Brandbestattung abgekühlt waren und sortierte sorgfältig den Leichenbrand sowie die zerbrochenen Reste der Beigaben aus. Der Leichenbrand wurde in der Urne gesammelt und diese auf der Sohle der Grabgrube deponiert. Anschließend wurden die zerscherbten Beigaben sowie eine bronzerne Emailfibel aus dem späten 2. Jh. n. Chr. über die Urne geschüttet. |
|
Fundstelle 2: Grob
behauener Stein mit zentraler Eintiefung |
|
|
|
Fundstellen 2 und
5: |
|
|
Fundstelle 4 bezeichnet drei ohne erkennbaren Fundzusammenhang in der Grabungsfläche deponierte Gefäße. Möglicherweise waren die Gefäße auf der Sohle einer Grube positioniert, deren oberer Bereich zum Zeitpunkt der Ausgrabung bereits durch den Pflug zerstört war. Vielleicht sind die Gefäße aber auch im Rahmen des Totenzeremoniells von Fundstelle 6 bzw. Grab 5 zu sehen. |
Fundstelle 4: Zu erkennen
sind deutlich drei Gefäße, die ohne erkennbaren Fundzusammenhang
in der Grabungsfläche deponiert waren. Grab 5 bezeichnet einen bereits vor der Ausgrabung gestörten Befund. Gefäßfragmente sowie weit gestreuter Leichenbrand geben ausreichend Grund zu der Annahme, dass es sich auch hier um eine Bestattung handelt, bei der der obere Bereich der Grabgrube bereits zerstört war. Das bis zur Ausgrabung durch die Firma Kroisos im Februar 2000 unbekannte Gräberfeld von Fürth leistet gerade aufgrund der sehr individuellen Anlage der Bestattungen einen wichtigen Beitrag zur Gräberforschung im Saarland. Um so bedauerlicher ist, dass wichtige wissenschaftliche Aussagen durch den Eingriff der Grabräuber unwiederbringlich verloren sind. |
|
|